28.11.2023 Wildtierriss auf Nachbaralm. Vorzeitiger Almabtrieb wird als außergewöhnlicher Umstand anerkannt Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat den Beschwerden von Tiroler Landwirten Folge gegeben und der Behörde (Agrarmarkt Austria – AMA) die Neuberechnung der Direktzahlungen, ein Kernelement der EU-Agrarförderung, aufgetragen.

Für den Almauftrieb von Rindern, Schafen und Ziegen kann in Österreich eine tierbezogene Zahlung gewährt werden. Die europarechtlichen Bestimmungen sehen dafür eine Mindestalpungsdauer von 60 Tagen vor. Das heißt, die Tiere müssen (während der Sommermonate) für rund zwei Monate auf den Gebirgsweiden gehalten werden. Im Fall der Tiroler Landwirte wurde diese Mindestalpungsdauer unterschritten, weshalb die AMA als zuständige Behörde Beihilfenkürzungen verhängte.

Die Landwirte begründeten den vorzeitigen Abtrieb mit dem Schutz der Tiere. Konkret brachten sie vor, dass die Tiere wegen höherer Gewalt und zwar wegen eines massiven Rissgeschehens durch Wolf und Bär auf der Nachbaralm vorzeitig abgetrieben worden seien. Nach Ansicht der Behörde fallen jedoch erst Risse auf jener Alm, auf die aufgetrieben wurde, unter höhere Gewalt, nicht jedoch bereits Risse auf Nachbaralmen. Aus diesem Grund wurden die mit dem Almauftrieb verbundenen Zahlungen nicht ausbezahlt. Dagegen beschwerten sich die Landwirte beim BVwG, das diesen Recht gab und der Behörde die Neuberechnung der Direktzahlungen auftrug.

Die zuständige Richterin des BVwG kam zum Schluss, dass die aktuelle Verwaltungspraxis der Behörde, die im Falle von Nutztierrissen den Abtrieb aller Tiere der betroffenen Alm, nicht jedoch von Nachbaralmen, zulässt, unsachlich ist. Da den Almverantwortlichen im Jahr 2021 kaum wirksame Abhilfemöglichkeiten zur Verfügung gestanden sind und die Nutztiere der beschwerdeführenden Parteien aufgrund von außergewöhnlichen Umständen von zwei großen Beutegreifern (Wolf und Bär) binnen kurzer Zeit hätten erreicht werden können, stand den beschwerdeführenden Parteien – auch aus tierschutzrechtlicher Sicht – nur mehr der Abtrieb der Tiere als wirksame Abhilfemaßnahme zur Verfügung.

Erkenntnis vom 29.08.2023, W113 2265618-1/4E
Erkenntnis vom 29.08.2023, W113 2265619-1/10E