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: Keine Bewilligung für die S 8 Marchfeld Schnellstraße
Alternativenprüfung durch das BVwG ergibt, dass eine zumutbare Alternative zum Einreichprojekt vorhanden ist
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat die Anträge auf Bewilligung zur Errichtung des Bundesstraßenbauvorhabens „S 8 Marchfeld Schnellstraße“ abgewiesen, wodurch auch die gegen den Genehmigungsbescheid eingebrachten Beschwerden als erledigt gelten.
Mit der vom BVwG in einer Alternativenprüfung ausgearbeiteten Trassenvariante liegt eine Alternative vor, die zu einer wesentlich geringeren Beeinträchtigung der Schutzgüter des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ führt und die zugleich keine relevanten Mehrbelastungen in den Fachbereichen Lärm, Wald, Boden und Landwirtschaft, Verkehr und Raumplanung verursacht.
Im fortgesetzten Verfahren im zweiten Rechtsgang nach der Behebung durch den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) kommt der Richtersenat zu dem Ergebnis, dass es durch den Bau der S 8 zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ kommt. In einem solchen Schutzgebiet darf eine Straße nur dann gebaut werden, wenn keine alternative Trassenführung möglich ist, die zu geringeren Auswirkungen führt (Alternativenprüfung) und wenn zwingende Gründe des öffentlichen Interesses das Interesse des Naturschutzes überwiegen (Interessenabwägung).
Durch die Auswirkungen des Vorhabens, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, sind schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten. Diese können durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert und auch nicht auf ein erträgliches Maß vermindert werden.
Die vom BVwG durchgeführte Alternativenprüfung hat ergeben, dass eine alternative und damit umweltverträglichere Trassenführung möglich ist.
Rückblick
Aus Sicht des zuständigen Richtersenats des BVwG stand bereits nach der ersten Tagsatzung im Februar 2020 fest, dass die Trasse der S 8 durch den Lebensraum des Triels geführt werden soll. Diese Vogelart ist sowohl nach der Vogelschutzrichtlinie als auch der NÖ Artenschutzverordnung geschützt und in Österreich vom Aussterben bedroht. Der betroffene Teil des Lebensraums des Triels hätte als Vogelschutzgebiet ausgewiesen werden müssen. Das Schutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ war jedoch im Jahr 2009 zu klein ausgewiesen worden. Die nicht ausgewiesenen Teile stellten daher ein sogenanntes „faktisches Vogelschutzgebiet“ dar, in das gemäß der Judikatur des EuGH kein Eingriff erfolgen darf.
Der Bewilligungsantrag aus dem Jahr 2011 hätte nach dem damaligen Stand des Beschwerdeverfahrens des BVwG abgewiesen werden müssen und die S 8 Marchfeld Schnellstraße hätte nicht gebaut werden dürfen. Kurz nach der ersten Tagsatzung wurde – offensichtlich in Reaktion auf das Verhandlungsergebnis – das Schutzgebiet erweitert.
Das BVwG hatte daher nunmehr aufgrund dieser geänderten Rahmenbedingungen das Verfahren weiter fortzuführen und die Auswirkungen der S 8 Marchfeld Schnellstraße auf das nun erweiterte Vogelschutzgebiet zu überprüfen.
Das ergänzende Verfahren des BVwG im ersten Rechtsgang ergab, dass weder in der Strategischen Prüfung Verkehr im Jahr 2005 noch im Verfahren der Behörde zur Bewilligung eine ausreichende Alternativenprüfung stattgefunden hat. Zudem hat die Behörde eine Alternativenprüfung trotz klarer Hinweise, dass eine solche erforderlich ist, nicht durchgeführt. Aus diesen Gründen wurde das UVP-Verfahren zur S 8 Marchfeld Schnellstraße vom BVwG aufgrund von Mängeln im Behördenverfahren und der Missachtung naturschutz- und artenschutzgesetzlicher Bestimmungen an die UVP-Behörde, das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), zur Ergänzung des Behördenverfahrens zurückverwiesen. Der Behörde wurde vom BVwG im Beschluss aufgetragen, die fehlende Alternativenprüfung nachzuholen.
Der VwGH behob die Entscheidung des BVwG zur Zurückverweisung und Ergänzung des Verfahrens an die Behörde jedoch mit Erkenntnis vom 06.02.2023, Ra 2021/06/0209, und führte begründend aus, das BVwG habe die Alternativenprüfung selbst durchzuführen.