13.04.2022 Keine Wohnkostenbeihilfe für Präsenz- oder Zivildiener in Wohngemeinschaften: VfGH hebt Wortfolge nach Gesetzesprüfungsanträgen des BVwG auf

Das BVwG sah in § 31 Abs 2 Ziffer 2 des Heeresgebührengesetzes (HGG 2001) einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot, weil darin Untermieter in Wohngemeinschaften nicht erfasst waren. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) erkannte zu Recht und hob dessen Wortfolge „als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter“ als verfassungswidrig auf. Die Norm gilt aufgrund einer Verweisung auch für Zivildiener.

In § 31 HGG 2001 ist geregelt, wer während des Wehrdienstes Anspruch auf finanzielle Unterstützung bei der Beibehaltung seiner eigenen Wohnung hat. Drei Präsenzdienern wurde der Antrag auf Wohnkostenbeihilfe vom Heerespersonalamt mit der Begründung abgewiesen, dass sie keine eigene Wohnung haben, sondern Untermieter eines Zimmers in einer Wohngemeinschaft sind. Sie erhoben deshalb Beschwerde an das BVwG.

Das BVwG führte in drei Gesetzesprüfungsanträgen an den VfGH begründend aus, dass der Ausschluss von Untermietern als Anspruchsberechtigte vom Gesetzgeber nicht bezweckt gewesen sein könne, weil die Untermiete in der Praxis die häufigste Form darstelle. Aus der Regierungsvorlage zur Norm, die am 01.12.2019 in Kraft getreten ist, gehe deutlich hervor, dass der Gesetzgeber all jene habe einbeziehen wollen, die sich aufgrund ihrer Lebensumstände keine eigene Wohnung leisten können und denen während ihres Präsenzdienstes der Verlust der Unterkunft drohe. Das sei auch bei Untermietern der Fall und deren Ausschluss daher sachlich nicht gerechtfertigt.

Der VfGH teilt in seinem Erkenntnis vom 07.03.2022 die Rechtsansicht des BVwG und hält fest, dass vom Gesetzgeber durch die Wortfolge „als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter“ eine „überschießende Regelung getroffen“ wurde, „für die keine sachliche Rechtfertigung besteht“.

 Die Bundesregierung erstattete zu den Anträgen des BVwG Äußerungen an den VfGH und brachte unter anderem vor, dass sich Untermieter nicht in einer mit Hauptmietern vergleichbaren Situation befänden. Ein Untermietverhältnis werde leichter begründet und sei auch leichter wieder zu lösen. Darüber hinaus würde die getroffene Beschränkung Missbrauch – wie dem Abschluss fingierter Untermietverhältnisse zwischen Familienmitgliedern – Einhalt gewähren.

 Dazu entgegnete der VfGH, dass der Gesetzgeber gemäß Art. 9a Abs. 3 B-VG dafür Sorge tragen müsse, dass ein Präsenzdiener während der Ableistung seines Präsenzdienstes versorgt ist. Aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) sowie aus einem früheren Erkenntnis des VfGH zu einer älteren Gesetzgebung betreffend die Wohnkostenbeihilfe für Präsenzdiener gehe klar hervor, dass der „Zweck des Anspruches auf Wohnkostenbeihilfe die Sicherung der Beibehaltung der Wohnung des Wehrpflichtigen“ sei. „[E]r soll davor bewahrt werden, dass er seiner Wohnung deshalb verlustig geht, weil er mangels eines Einkommens während der Leistung des betreffenden Dienstes das für die Wohnung zu entrichtende Entgelt nicht aufbringen kann.“

Der VfGH folgte der Argumentation des BVwG weiters dahingehend, dass nicht anzunehmen sei, dass der Gesetzgeber damit allfälligem Missbrauch der Beihilfe zuvorkommen wollte. Diesem sei mit der vorgesehenen Überprüfung des Melderegisters sowie der Offenlegung der Familienverhältnisse der betreffenden Person leicht beizukommen. Die angefochtene Regelung beschränkt sich jedoch nicht darauf, diesen Fällen entgegenzuwirken.

Daher hält der VfGH fest: „Im vorliegenden Fall hat der Gesetzgeber den ihm eingeräumten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum überschritten und die angefochtene Bestimmung mit Gleichheitswidrigkeit belastet.“ Die Wortfolge „als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter“ in § 31 Abs. 2 Z 2 Heeresgebührengesetz 2001 (HGG 2001), BGBl. I 31/2001, idF BGBl. I 102/2019 ist daher wegen Verstoßes gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz gemäß Art. 7 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben. Die Aufhebung tritt gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG mit Ablauf des 30.06.2023 in Kraft.

 Beschluss vom 15.06.2021, W208 2242536-1/2Z

Beschluss vom 27.10.2021, W208 2243953-1/4Z

Beschluss vom 04.11.202, W170 2247515-1/2Z

Erkenntnis des VfGH vom 07.03.2022